Eine Einführung in die Benutzung des Screenreaders Orca unter Linux-Betriebssystemen.
Fast alle gängigen Linux-Distributionen verwenden als Sprachausgabe den Screenreader (Bildschirmleser) Orca. Distributionen mit dem GNOME-Desktop sowie Linux-Mint haben Orca standardmäßig mit an Bord. Bei anderen Distributionen kann man Orca bei Bedarf installieren.
Sprachausgabe starten
Auf dem GENOME-Desktop aktiviert man den Bildschirmleser mit der Tastenkombination
Super + Alt + S
oder über das Accessibility-Symbol in der oberen Fensterleiste
Das Accessibility-Symbol erscheint nur dann in der Fensterleiste, wenn die Option in den Systemeinstellungen aktiviert ist:
Einstellungen > Barrierefreiheit > Immer das Menü zur Barrierefreiheit anzeigen
oder über
„Einstellungen > Barrierefreiheit > Sehen > Bildschirmleser“.
Orca Einstellungen
Das Einstellungsmenü für Orca öffnet man mit der
Orca-Zusatztaste + Leertaste
Orca-Zusatztaste ist bei einem Tastaturlayout Desktop die Einfüge-Taste auf dem Nummernblock, der dazu ausgeschaltet sein muss, bei Notebook-Layout die CapsLock-Taste).
Sollte das nicht funktionieren, können Sie auch in einem Terminal-Fenster den Befehl
orca -s
eingeben, gefolgt von Enter
. Mit dem Schließen des Terminals wird die Sprachausgabe beendet, die entsprechende Schaltfläche im Accessibility-Menü der oberen Fensterleiste bleibt aber aktiv! Abhilfe schafft aus- und wieder einschalten.
Alle Änderungen, die Sie bei den Orca-Einstellungen vornehmen, müssen ausdrücklich mit der Schaltfläche „Anwenden“ bestätigt werden. Auch mit „OK“ werden die Änderungen wirksam, gleichzeitig aber die Orca-Einstellungen geschlossen.
Hinweis: Es kann vorkommen, dass bei erhöhter Bildschirm-Skalierung und / oder Schriftgröße, das Fenster der Screenreader-Einstellungen größer als der Bildschirm ist. Das Fenster lässt sich nicht verkleinern und hat keine Bildlaufleisten. Man kann das Fenster aber bei gedrückter Super-Taste mit der Maus verschieben, und so die Schaltflächen „Hilfe“, „Anwenden“, „Abbrechen“ und „OK“ auch mit der Maus erreichen. Alle Schaltflächen lassen sich auch mit der Tabulator-Taste ansteuern und werden von Orca angesagt.
Menü Allgemein
Hier findet man die Grundeinstellungen für die Sprachausgabe. Für das Tastaturlayout wählen Sie zwischen Desktop und Laptop. Der nächste Punkt aktiviert das Maus-Echo. Auch lassen sich eigene Profile definieren.
Stimmeneinstellungen
Mit der Option Stimmtyp wählt man aus, für welchen Vorlese-Kontext die Stimmeinstellungen verändert werden sollen. So kann man z.B. für den Standard-Kontext eine höhere Geschwindigkeit festlegen, zum Lesen von Links eine andere Stimme und eine langsamere Geschwindigkeit. Sprachsystem ist der Speech Dispatcher, das können Sie so belassen. Für die Sprache ist bereits „de“, deutsch voreingestellt. Mit der Option „Person“ lassen sich viele weitere Stimmvariationen wählen. Am besten zu verstehen – auch bei hoher Geschwindigkeit – ist die Standardstimme.
Menü Sprache
Hier können Sie die Sprache deaktivieren und die Ausgabe ausschließlich auf die Braille-Zeile leiten. Einstellungen für die Ausführlichkeit der gesprochenen Erläuterungen, die Satzzeichen und den gesprochenen Kontext werden hier ebenfalls getroffen.
Menü Braille
Für die Braille-Tabelle ist schon die gängige Einstellung „Kurzschrift“ und „Computerbraille 8 Punkt“ vorgegeben, mit der die meisten Braille-Zeilen umgehen können. Die Ausführlichkeit für die Braille-Anzeige kann separat bestimmt werden. Auswahlindikator und Link-Braillemarkierung liegen auf den Punkten 7 und 8. Die Dauer für Blitzmeldungen ist auf 5 Sekunden voreingestellt.
Menü Echo
Mit dem Tastaturecho wird bestimmt, welche Tasten beim Betätigen angesagt werden sollen. Tastaturecho: „zeichenweise“ und „wortweise“ ist standardmäßig nicht aktiviert, aber meist sehr hilfreich, um Schreibfehler zu vermeiden.
Menü Tastaturbelegung und Tastenkombinationen
Sie finden hier eine Übersicht über die Tastenkombinationen, die auch geändert werden können. Insbesondere die Meta-Taste kann von Insert auf CapsLock gelegt werden, wenn auf der Tastatur kein Nummernblock vorhanden ist. Eine entsprechende Einstellung bewirkt auch die Wahl zwischen „Desktop“ und „Laptop“ im Tab „Allgemein“.
Aussprachewörterbuch
Das Aussprachewörterbuch ist zunächst noch leer.
Mit der Schaltfläche „Neuer Eintrag“ wird eine Tabellenzeile angelegt, der Cursor steht im Eingabefeld. Leider ist nach der Eingabe eines neuen Wortes in der ersten Spalte die zweite Spalte für den Ersatztext nicht mit der Tabulator-Taste zu erreichen, mit der Maus aber schon.
Menü Textattribute
Über den Tab Textattribute legt man fest, welche Formatierungen vom Bildschirmleser mit angesagt und ob sie auf der Braille-Zeile angezeigt werden sollen.
Orca-Handbuch
Weitere Anleitungen finden Sie über die GNOME-Hilfe, die auch ein Handbuch für Orca vorhält.
Einen Überblick über die Tastenkombinationen für Orca bietet die Webseite
Übersicht über Orca Tastenkombinationen
Erste Schritte: Texte vorlesen lassen
In Textdokumenten ebenso wie auf Webseiten liest der Bildschirmleser je nach Einstellung die Zeile oder den Absatz, auf der sich der Cursor gerade befindet. Die nächste Zeile lässt man z.B. vorlesen, indem man mit der Pfeil-Taste nach unten navigiert. Allgemein gilt
- Verwenden Sie Pfeil-Links und Pfeil-Rechts zum Bewegen und zum Vorlesen nach Zeichen.
- Verwenden Sie Strg+Pfeil-Links und Strg+Pfeil-Rechts, um wortweise zu lesen und zu navigieren.
- Verwenden Sie Pfeil-Hoch und Pfeil-Runter, um zeilenweise vorzulesen und zu navigieren.
- Verwenden Sie die Umschalt in Kombination mit den obigen Befehlen, um Text aus- und abzuwählen.
Übersicht über die Lesebefehle
Für das Vorlesen von Texten auf eine Programm-Oberfläche muss das Programm die sog. Caret-Navigation unterstützen.
Exkurs Caret-Navigation: damit bezeichnet man in der Informatik die Navigation in Textdokumenten mit Hilfe der Tastatur. Nicht alle Anwendungen haben die Caret-Navigation in der Voreinstellung eingeschaltet. Für viele GNOME-Anwendungen kann sie durch Drücken der Taste F7 ein- und ausgeschaltet werden.
Startet man Orca, wenn ein anderes Programm bereits läuft, kann es vorkommen, dass dort kein Text vorgelesen wird (z.B. Firefox, Thunderbird oder Chromium). Meist hilft dann der Neustart des entsprechenden Programms. Dadurch bekommt das Programm dann Zugriff auf die Schnittstelle der Accessibility.
Ausblick
Derzeit funktioniert Orca am besten auf Linux-Distributionen mit GNOME-Desktop Umgebung, wie beispielsweise Fedora, Debian oder Ubuntu oder unter Linux-Mint mit Cinnamon-Desktop. Mit der Funktionalität von JAWS oder NVDA unter Windows oder VoiceOver auf dem Mac kann es aber nicht mithalten.
Quellen
https://help.gnome.org/users/orca/stable/index.html.de
https://gnome.pages.gitlab.gnome.org/orca/help
https://github.com/GNOME/orca/blob/main/icons/orca-256×256.png